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Interview mit Dani & Elina vom Blog Hauptstadtmutti

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Jasmin

20. Apr. 2021


Liebe Elina und liebe Dani, wer seid ihr? Stellt euch doch bitte kurz mal vor!

Elina: Ich bin Elina und wohne mit meiner Familie in NRW. Ich bin russlanddeutsche Mennonitin und in meinem Kopf sind an einem normalen Tag vier Sprachen aktiv am Start. Seit meinem Masterstudium der Amerikanistik an der Humboldt habe ich Jobs in den verschiedensten Bereichen gehabt. Ich war in Redaktionen, Agenturen, einem Startup und für NGOs tätig. Geschrieben habe ich immer nebenher und nächstes Jahr kommt mein erster Roman im Aufbau Verlag raus.

Dani: Ich bin Dani, lebe mit Mann und Kindern als Patchworkfamilie in Berlin. Ich bin eigentlich Informatikerin, aber weil mich "nur eine Sache machen" total langweilt, habe ich neben Netzwerken zu installieren, auch programmieren, fotografieren, Grafik und "gscheid daherreden" auf meinem Stundenplan.

Ich habe in kleinen und großen Agenturen gearbeitet und bin seit 2010 selbständig, weil es sich mit Kind als Alleinerziehende so viel besser vereinbaren ließ. Drüben bei butterflyfish.de schreibe ich schon 13 Jahre an meinem Baby größtenteils übers Reisen mit Kindern und Hauptstadtmutti habe ich mit Elina im Oktober 2020 übernommen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, gemeinsam einen Blog zu gründen und worum geht es hauptsächlich auf eurem Blog?

Elina: Hauptstadtmutti haben wir Ende 2020 von Isa Grütering übernommen. Ich war bereits seit 2016 Teil der Redaktion. Bei uns ging es immer um "Mutter werden, Frau bleiben". So wie wir das mitkriegen, sind die meisten unserer Leser*innen berufstätig. Von daher geht es auch viel um das ‘Working Mom’ Thema. Arbeitsrecht, Gleichberechtigung, aber auch um Fashion Themen, gutes Essen & Trinken, Literatur und Hotels mit Kinderbetreuung.

Dani und ich kennen uns ‘ganz klassisch’ von einem Bloggerevent. Sie kannte meine Wut-Rants aus dem Internet und dann war es schon ein bisschen Liebe auf den ersten Blick. Wir sind uns immer mal wieder über den Weg gelaufen und, dass wir HSM dann übernommen haben, war ganz ehrlich, spontan.

Dani: Hauptstadtmutti war ja quasi schon da und Elina eigentlich auch, weil sie bereits seit 2016 für Hauptstadtmutti schreibt. Ich kenne die Gründertruppe von Hauptstadtmutti von Anfang an und mochte das Format schon immer so gern. Es hob sich ab und war etwas Besonderes. Jetzt versuchen wir, Hauptstadtmutti neues Leben einzuhauchen. Nach einem zweijährigen Dornröschenschlaf ist das ein ordentliches Projekt. Und inhaltlich hat es Elina schon gut beschrieben.

Wie sieht euer Mama- und Arbeitsalltag aus? Wie teilt ihr eure Aufgaben auf?

Dani: Naja, das letzte Jahr war anspruchsvoll. Mit einer zwei- und einer 14-jährigen daheim war eigentlich nicht viel mit Arbeiten. Dann haben die Kitas wieder aufgemacht und ich dachte: „Wird schon, wird schon." Wurde es leider nicht. Deswegen wälze ich aktuell viel auf Elina ab. Und sonst arbeite ich, wenn das Kind mittags schläft, vormittags vor der Glotze sitzt oder abends ins Bett gebracht wird. Aufteilen läuft bisher so, dass wir uns Dinge zuschieben. Dinge, von denen wir glauben, dass es besser zum anderen passt. Sonst eben: Mein Mann arbeitet Vollzeit, er fährt das Kind in die Kita, ich mache den Rest.

Elina: Mein Mann und ich sind selbstständig und arbeiten von zu Hause aus, das vorab. Deshalb herrscht bei uns striktes 50/50 bzw. je nach Auftragslage übernimmt die Person mehr, die beruflich weniger zu tun hat. Als Fotograf ist das meistens mein Mann. Seine Jobs sind viel klarer auf Stunden und Tage zu beziehen, und sind nach Fertigstellung auch abgeschlossen. Bei mir ist es fürs Magazin natürlich konstante Recherche, Kommunikation und Kreativität. Dazu kommen die Romane. Wir arbeiten viel und gerne, sind aber auch flexibel. Es hilft, wenn man seinen Job gerne macht.

Ich hätte jetzt gesagt, dass Dani und ich auch Richtung 50/50 unterwegs sind. Sie macht sehr vieles, von dem ich keine Ahnung habe und auch keinen Nerv. Sprich: Back Office, Website, Server & Provider, Grafik, Illustrationen und Fotos. Ich bin für viele, redaktionelle Sachen zuständig und Ansprechperson, vielleicht auch, weil ich im Moment die Zeit habe, zig Mails hin- und herzuschicken...und ich bin ein großer Fan von telefonieren während Corona geworden!

Steht ihr manchmal vor Vereinbarkeitsherausforderungen und wenn ja, wie versucht ihr, sie zu lösen?

Dani: Ich löse sie gar nicht. Ich arbeite halt so, wie es geht. Mein Mann verdient mehr, arbeitet festangestellt in Vollzeit und im Schichtdienst ...und irgendwie auch in sowas wie einer leitenden Funktion. Damit hat er Vorrang. Ich arbeite also um alles andere herum. Und versuche nicht alles zu vergessen. :)

Elina: Nicht mehr so wie in Berlin und zu Zeiten der Festanstellung. Damals war es ganz klar ein Streitthema wessen Job, Meetings, Event, Reise grad wichtiger ist, wird mehr bezahlt, etc. Seitdem wir in NRW in der Nähe meiner Eltern leben, ist das Thema der Beruf-Familie-Vereinbarkeit prinzipiell verschwunden. Denn dann müssen Oma und Opa ran.

Mental Load Aufgaben sind meine. Sprich Geburtstagsgeschenke besorgen, Pakete verschicken, Arzttermine. Dafür macht mein Mann die Geburtstagsfeiern, die Waldausflüge, die Arzttermine und ich habe Zeit für mich. Das funktioniert bisher.

Wir von Parentime möchten Eltern auch als Team stärken. Was braucht es für ein gutes Elternteam aus eurer Sicht? Wie organisiert ihr euch mit Eurem Partner?

Elina: Wertschätzung für die individuellen Bedürfnisse des Partners. Für uns bedeutet das, dass ich meine Bücher nicht von 9-11 Uhr morgens schreiben kann, sondern manchmal nach dem Abendbrot aufstehe, und sage, dass ich jetzt 3 Stunden Ruhe brauche, um zu schreiben, weil mir etwas eingefallen ist.

Genauso stehe ich bereit, wenn mein Mann einen Anruf kriegt, dass er morgen bitte in Florenz etwas fotografieren soll. Alles schon passiert. In unserer Partnerschaft ist es so, dass wir beide ganz klar unsere Leidenschaft als Karriere verfolgen. Und das in einem kreativen Bereich! Das erfüllt uns sehr und wird deshalb auch priorisiert.

Die Kinder wachsen mit einem krassen familiären Netz auf, so wie ich es von früher kenne. Urgroßeltern, Großeltern, Cousinen und Cousins, und immer ist was los. In Berlin waren wir dahingehend einsamer.

Persönlich glaube ich daran, dass man sich klar machen muss und sollte, welche Art von Priorität man als Paar verfolgt. Denn es wird Zeiten geben, in denen es ungeil wird. Dazu gehören Umzüge, die ersten Lebensjahre von Kindern, Schwangerschaften, Hausbau, auch Hochzeitenplanung und –umsetzung.

Ein Paar zu sein, bedeutet für mich, die Verantwortung füreinander und für die gemeinsame Familie zu tragen. Dazu gehören auch alternde Eltern oder pflegebedürftige Angehörige. Das ist bei mir sicherlich auch kulturell geprägt. Mein Mann und ich sind zudem beruflich miteinander verbunden.

Wir besitzen ein Eigenheim, das weit entfernt von ‘fertig’ ist und wir haben kleine Kinder. Das alles ist auch unsere Verantwortung. Wenn einer von uns morgens aufwachen und sagen würde, „nö jetzt nicht mehr", dann würde das mehr bedeuten, als nur einen Koffer packen und aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Ich bin in der Hinsicht konservativ.

Aber wenn es um die Aufteilung geht, sehr feministisch, und mein Mann auch. Wir diskutieren permanent. Ich bin keine Frau, die zwei Tage schmollt und dann mal damit rausrückt, wenn ihr was nicht passt. Wir klären Dinge sofort.

Dani: Für ein gutes Elternteam braucht es erstmal eine andere Politik. Eine, die es möglich macht, dass der Mann auch im Job zurücktreten kann, ohne dass das gleich krasse, finanzielle Einbußen bedeuten würde. Es sei denn, es lässt sich lösen, so wie z.B. bei Elina. Da muss man an ganz anderen Stellschrauben drehen und DANN könnte man überlegen, wie es geht. Bei mir geht es nicht. Da müsste ich wieder in ner Agentur anfangen. Ist aber zeitlich nicht drin. Ich hänge also.

Wie wichtig ist euch ME TIME? Nehmt ihr euch regelmäßig Auszeiten und wenn ja, was tut ihr dann?

Dani: Was ist ME TIME? Ne, im Ernst. Früher - also vor der Pandemie - war das Joggen oder ins Fitness Studio und in die Sauna gehen. Aber wir haben immer um die Familie geplant, also nicht abends oder am Wochenende, weil ja dann quasi alle da sind. Was haben wir das geliebt: die Kids in der Schule, Kind in der Kita, wir in die Sauna. Durch den Schichtdienst meines Mannes war das super machbar, weil er eben auch mal unter der Woche frei hatte.

Me Time jetzt? Das sind mal fünf Minuten auf dem Klo oder eine Tafel Schokolade in 5 Minuten vernichten, damit ich sie nicht teilen muss. Ehrlich gesagt, ich wünsch mir gerade eine Woche Malediven Alleine.

Elina: So unfassbar wichtig. Wie gesagt, mein Mann und ich sind immer zu Hause, wir sehen uns jeden Tag von morgens bis abends. Meine Me Time ist lesen. Das mache ich eigentlich jeden Abend. Ansonsten war das früher der Fußball für uns. Ich würde auch gerne wieder alleine wegfahren oder den Mann mit den Kindern wegschicken. Alleine sein tut mir und uns allen gut.

Eltern sein und Paar bleiben ist nicht einfach für viele Eltern. Was unternehmt ihr mit eurem Partner, um euch als Paar nicht zu verlieren?

Elina: Normalerweise ohne die Kinder wegfahren oder sich für einen Kinoabend zu Hause verabreden. Aber auch der Austausch mit anderen Paaren kann helfen. Als wir noch beide festangestellt waren, haben wir auch mal die Mittagspause gemeinsam verbracht oder morgens einen Kaffee getrunken und sind ein bisschen später im Büro gewesen.

Für uns ist es auch die Annahme: es gab mal solche Zeiten, es gibt grad diese Zeiten und irgendwann wird es wieder andere Zeiten geben. Wir wissen ja, wie es war, als das große Kind kein Kleinkind mehr. Jetzt ist halt wieder ein Kleinkind im Haus, das auch irgendwann größer wird. Es gibt diesen Spruch "in it for the long haul", der stimmt bei uns.

Dani: Aktuell liegen wir abends beide total fertig im Bett, mit Weinchen und Friends. Manchmal auch einfach nur quatschen. VOR der Pandemie war das der oben genannte Saunatag oder mal abends mit Freunden essen gehen, wenn wir denn Kinderbetreuung hatten. Vor dem Kleinkind war das alles stressfrei, weil die zwei anderen Kinder schon groß waren oder eben beim anderen Elternteil. Das geht jetzt nicht mehr. Jetzt freuen wir uns auf den Urlaub, der hoffentlich im Mai stattfindet. Haben extra ein Hotel mit Kinderbetreuung gesucht - wir Rabeneltern.

Was habt ihr in eurer Rolle als Mutter am meisten über euch und das Leben gelernt?

Dani: Das immer noch mehr geht und man mehr schaffen kann, als man denkt! Und dass ich diesen kleinen Scheißer unfassbar süß finde. Und dass Teenager (auch Mädchen) unweigerlich nicht mehr süß sind (und nicht sein wollen), wir als Eltern aber trotzdem glücklicherweise einen guten Draht zu ihnen behalten können (nicht so wie bei mir und meinen Eltern).

Elina: Man kann nichts planen.

Was würdet ihr werdenden Eltern, die zum ersten Mal ein Kind erwarten, als Rat für den Start ins Familienleben mitgeben?

Dani: Hört auf keinen Fall auf das, was andere euch sagen und lasst euch keinesfalls verunsichern. Euer Leben, eure Regeln! Hört auf euer Bauchgefühl und eure Intuition. Lest nicht so viele Ratgeber, sondern macht das, was ihr für richtig haltet, meistens läuft es damit. Wenn es Probleme gibt: fragt niemals das Internet. Und: Kinder haben, besonders Kleine, ist mega anstrengend und manchmal tut es auch ganz schön weh! Und ja, am süßesten sind Kinder, wenn sie schlafen.

Elina: Hätte ich nie hören wollen, aber: Es geht vorbei, es wird besser, achtet auf euch selbst und....gefrorene Gurkensticks sind eine super Beruhigung bei zahnenden Kindern. Vielleicht auch: Kauft weniger Zeug.

Welcher Leitsatz bestimmt euer Leben?

Elina: “If Britney survived 2007, you can survive this day.”

Dani: Sowas habe ich eigentlich nicht. Ich bin mehr: „Heute so, morgen so!"

Liebe Dani und liebe Elina, herzlichen Dank für das sehr inspirierende Interview!