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Interview mit Unternehmer, Fotograf und Vater Christian Anderl

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Jasmin

27. Apr. 2021


Lieber Christian, stell Dich doch kurz mal vor. Wer bist Du und was machst Du aktuell?

Ich bin Christian Anderl, Fotograf und Unternehmer. Ich habe das Online-Unternehmen Shootcamp.at gegründet und helfe mit einem 7-köpfigen Team Menschen dabei, aus ihrer Kamera mehr rauszuholen und mehr Freude an der Fotografie zu gewinnen. 

Du hast auch Väter.Co gegründet. Was steckt dahinter und wie kam es zu diesem Herzensprojekt?

Väter.co ist ein langfristiges Portraitprojekt, das - wie so vieles zur Zeit - auf Eis liegt, weil intime Gespräche von 40-60 Minuten grad durchaus schwierig bis unmöglich sind.

Ich hab damit gestartet, weil ich selbst Vater bin und ich schon seit mein erster Sohn geboren wurde über dieses Projekt nachgedacht habe. Ziel ist es, Väter zu Wort kommen zu lassen und ihre gesamte Bandbreite an emotionalen Achterbahnfahrten, die sie in ihrer Rolle als Vater erleben, mal zum Ausdruck zu bringen. Ich hatte ein wenig den Eindruck, dass Väter darüber zu wenig reden (oder zum Reden kommen?), während Mütter - völlig zurecht - ständig im Austausch zu diversen Elternthemen sind. 

Vielleicht wollte ich einfach wissen, ob ich mit meinen Gedanken und Gefühlen als Vater allein bin oder, wie es anderen Vätern damit geht. Es zeigt sich, es geht uns allen ähnlich, die emotionale Achterbahnfahrt raubt und gibt viel Energie. Und uns allen tut es äußerst gut, über all das auch mal zu reden.

Die größte Freude scheinen aber Mütter damit zu haben. Ich krieg regelmäßig Nachrichten von Frauen, die sinngemäß alle das gleiche sagen: „Find ich gut, ich will eh schon längst wissen, was in euch vorgeht.“ :-)

Was hast Du über Dich und das Leben gelernt und was hat Dich in Deiner Rolle als Vater am meisten geprägt?

Erst mal hab ich gelernt, dass wir nie auslernen. Das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis. Ich hab auch gelernt, dass wir uns alle selbst und das Leben an sich nicht so ernst nehmen sollten. Binsenweisheit, ich weiß, aber es stimmt. Es kommt sowieso niemand lebend raus. 

Spätestens mit meiner Krebserkrankung im Jahr 2012 hab ich das eingesehen. Dass ich ein Jahr später - wider Erwarten und auch entgegen der Erwartungen der behandelnden Ärzte - Vater geworden bin, war dann die Krönung dieser einfachen Einsicht.

Du kommst hier nicht lebend raus, nimm nicht alles so ernst. Vor allem nicht Dich selbst.

Haben sich Deine Prioritäten und Werte mit Deiner Vaterrolle verändert? Wenn ja, wie?

Seitdem ich Vater bin, genieße ich, dass es in meinem Leben nicht mehr hauptsächlich um mich geht. Ich weiß, dass ich am Ende nicht traurig sein werde, weil es für mich zu Ende ist, sondern weil ich mich von meinen Kindern verabschieden muss. Weil ich da - egal wie lang ich dabei sein darf - mit Sicherheit gern noch länger dabei wäre.

Kinder nehmen dir ein Stück weit dein Ego. Das ist eine gute Sache.

Wir von Parentime möchten Eltern als Team stärken. Was braucht es für ein gutes Elternteam aus Deiner Sicht? Wie organisiert ihr euch als Familie?

Ich fürchte, wir sind fürchterlich schlecht organisiert, chaotisch und kein gutes Beispiel oder Vorbild für dieses Vorhaben. Ich freu mich aber sehr darauf, diese Tipps zu lesen und hoffentlich daraus zu lernen.

Was tust Du, um wieder Kraft zu tanken, wenn Du Dich erschöpft fühlst?

Eine Runde mit dem Longboard, Fahrrad oder Motorrad hilft. Alles was Räder hat oder ein Brett ist, hilft mir ganz gut, in einen „Flow“ zu finden. Das hilft immer.

Welche wertvollen Erfahrungen bzw. Tipps würdest Du mit Eltern, vor allem mit Vätern, teilen, die zum ersten Mal ein Kind erwarten?

Hör Dir gern an, wie es Anderen damit geht, damit Du Dich nicht allein fühlst und sicher sein kannst, dass es allen ähnlich geht. Aber hör auf keine vermeintlich "wertvollen Tipps" anderer Eltern, die machen Dich höchstens noch müder oder sorgen dafür, dass Du glaubst, etwas nicht hinzukriegen, falsch zu machen, zu versagen oder nicht gut genug zu sein.

Vor Dir liegt die aufregendste, anstrengendste, bereicherndste, emotionalste, auslaugendste, erstaunlichste, liebevollste, ängstlichste, friedvollste, zermürbendste und mit Abstand schönste Zeit Deines Lebens. Zieh Dir jede Sekunde davon rein, in guten und in schlechten Momenten, gönn Dir zwischendurch Pausen. Du kannst nicht 24/7 durchhalten. Entspann Dich und genieß es so gut Du kannst.

Welchen Leitspruch/welches Lieblingszitat hast Du?

christian anderl

Lieber Christian, herzlichen Dank für das spannende und inspirierende Interview.